Langzeit-Kostenanalyse von Fahrzeugen (PKW und LKW)

Willy Bierter, Julian Buhrow und Walter R. Stahel
Institut für Produktdauer-Forschung Genf

1. Langzeitnutzung von Fahrzeugen – ein Fass ohne Boden?

Wer kennt nicht den Spruch: „Ach, das ist doch viel zu teuer, um es zu reparieren!“ Häufig finden auf diese Weise viele Autos ein frühes Ende im Schredder. Die durchschnittliche Nutzungsdauer von Fahrzeugen liegt in Deutschland bei etwa 9-10 Jahren. Häufig ist es die Karosserie oder ein grosser Motorschaden, der den Fahrzeugbesitzer vor die Frage stellt: „Lasse ich reparieren oder kaufe ich besser neu?“ Häufig werden Fahrzeuge verschrottet, weil man sich kurzfristig vor scheinbar hohen Reparaturkosten sieht. Wer denkt da schon langfristig?
Langfristig zu denken das war das Ziel einer Arbeit, die das Institut für

Produktdauerforschung in Genf durchgeführt hat und in der die langfristigen Nutzungskosten von drei Fahrzeugen genauer untersucht wurden. Es sollte der Frage nachgegangen werden wie verhalten sich die Nutzungskosten von Fahrzeugen bei einer längeren, als heute üblichen Nutzung.

Zweites Ziel der Arbeit war es, den bei einer Langzeitnutzung von Fahrzeugen anfallenden Teil von Facharbeit zu bestimmen, da Reparatur und Instandsetzung qualifizierte, regional dezentralisierte Arbeitsplätze darstellen. Es liesse sich so zeigen, dass die Nutzungsdauerverlängerung gleichzeitig positive Auswirkungen auf die Nachfrage nach Arbeit hat, und damit alle drei Zielbereiche (ökonomische, ökologische und soziale) einer nachhaltigen Entwicklung unterstützt.

2. Vorgehensweise der Lebenskostenanalyse

Es wurde eine Analyse der Kosten über die gesamte Lebensdauer von drei Fahrzeugen gemacht. Damit erhält man die Totalkosten, die für die Bereitstellung der Dienstleistung „Personen- und Warentransport“ über einen betrachteten Zeitraum (17 bzw. 30 Jahre) anfallen. Hierbei wurde folgendermassen vorgegangen:

- Betrachtung der jährlichen Unterhaltskosten und Durchschnittskosten der Fahrzeuge
- Aufsummierung zu kumulierten Kosten
- Ermittlung der Kostenstruktur nach 10 und 17 bzw. 10, 20 und 30 Jahren und Umrechnung auf die gefahrenen Kilometer
- Bestimmung des Anteils für Reparaturarbeitskosten an den Totalkosten

3. Toyota Corona MKII Baujahr 1969

Beim ersten Fahrzeug handelt es sich um einen Personenwagen der Marke Toyota Corona MKII Baujahr 1969 Hardtop RT 72 series , ein zweitüriges CoupÈ mit 1858cm3 mit der Chassis-Nummer RT 72-122.482 und der Motornummer 8R 283.336 der am 2. September 1969 zum Straßenverkehr zugelassen wurde. Von diesem Typ wurden bis Januar 1970 ca. 200.000 Exemplare produziert [1].

Der Wagen hat im September 1999 seine Motorfahrzeugkontrolle absolviert und steht nach zwischenzeitlich erfolgten Instandsetzungen uneingeschränkt zur Verfügung. Er ist damit auch nach mittlerweile 30 Jahren immer noch voll alltagstauglich. Serviceintervalle sind alle 10 000 km, Ölwechsel alle 5 000 km oder nach 6 Monaten vorzunehmen.

Nutzung und Unterhalt

Das Fahrzeug hat von September 1969 bis Oktober 1999 222.200 km zurückgelegt. In der Zeitspanne hat der Wagen zweimal einen Totalschaden erlitten, der in den meisten Fällen zum Schrottplatz geführt hätte, da der Reparaturwert den Zeitwert überschritt.: nach 6 Jahren Ablösung der metallisierten Silberfarbe, nach 9 Jahren Opfer einer ‹berschwemmung mit einen Meter Wasserhöhe. Das Fahrzeug hatte bisher 2 Pannen, die einen Werkstattbesuch notwendig machten: Kurzschluss im Armaturenbrett im 4. Jahr, verlorener Auspuff im 9. Nutzungsjahr. Der Wagen ist bis heute nie stehengeblieben.
Die Servicearbeiten wurden immer den Vorschriften entsprechend durchgeführt, wobei das Prinzip des vorausblickenden Unterhalts angewendet wurde (Reparatur der Komponenten bei ersten Anzeichen von Schäden, eventuell auswechseln).
Der Karosserieunterhalt beschränkte sich auf eine Hohlraum-Rostschutzbehandlung am Anfang, die Verwendung von Rostumwandler bei Oberflächenrost und das Schweißen von Rostlöchern ab dem 11. Nutzungsjahr.

Totalkosten

Im Folgenden werden alle Kosten, die zum Unterhalt des Wagens über 30 Jahre nötig waren, betrachtet. Nicht betrachtet werden Verzinsung des Kapitals, Benzin, Steuern und Versicherung. Ebenfalls ausgenommen sind Reparaturkosten nach mehreren Bagatellunfällen, deren Kosten von den Versicherungen übernommen wurden.

Kaufpreis: 12 000 SFR
Ersatzteile: 12 942 SFR
Arbeit: 25 530 SFR
Öl und Kleinteile: 2 007 SFR

Totalkosten: 52 479 SFR

Tabelle 1 Totalkosten Toyota Corona

Anschaffungs- und Unterhaltskosten pro Nutzungsjahr

Jährliche Anschaffungs- und Unterhaltskosten variieren recht stark. Die Durchschnittskosten pro Jahr sinken mit zunehmendem Alter des Fahrzeugs. Charakteristisch für die Entwicklung der Kosten sind einzelne „teure“ Jahre, auf die Jahre mit geringen Unterhaltskosten folgen. Ergebnis: die Durchschnittskosten nehmen mit längerer Nutzungsdauer ab und nicht zu, wie häufig erwartet wird.

Abbildung 1: Anschaffungs- und Unterhaltskosten pro Nutzungsjahr

Veränderung der Kosten

Abbildung 2: Aufsummierung der Kosten des Toyota Corona über 30 Jahre

Bei der jährlichen Aufsummierung der Teilbeträge lässt sich ein relativ gleichförmiger Anstieg der Kosten für Ersatzteile und Arbeit bis etwa zum 17. Nutzungsjahr beobachten. Ab dem 18. Nutzungsjahr beginnen die Kosten für Arbeit stärker zu steigen als die für Ersatzteile. Der Grund hierfür ist in der zunehmenden, arbeitsintensiven Karosseriereparatur bedingt durch Rostschäden zu suchen.
Eine überdurchschnittliche Zunahme der Reparaturkosten ist nach ‹berschreiten der Abschreibungskostenkurve durch die Reparaturkosten zu erkennen. Eine umfangreichere Karosserieinstandsetzung (mit Neulackierung) war hierfür verantwortlich (ca.10.000 SFR). Die Kosten für Ersatzteile halten sich vom 10. bis zum 30. Nutzungsjahr in etwa konstant. Die Kosten für Öl und Kleinteile blieben über diesen Zeitraum ebenfalls konstant.

Analyse der Kostenstruktur nach 10, 20 und 30 Jahren

Abbildung 3: Kostenanalyse Toyota Corona nach 10 Jahren

Nach 10 Jahren ist der Anteil des Kaufpreises an den Totalkosten mit 61% noch immer sehr hoch. Arbeit und Ersatzteile liegen mit 18 bzw. 17% etwa gleichauf. Diese erste Betrachtung macht jedoch deutlich, dass nach einer Nutzungsdauer von 10 Jahren, nach der ein „Normalwagen“ gerade verschrottet wird, die Ersatzteil- und Reparaturkosten insgesamt noch unter 40% der Totalkosten für die Bereitstellung der Dienstleistung „Transport“ für den betrachteten Zeitraum liegen. Kosten pro km nach 10 Jahren: 15,5 Rp/km.

Abbildung 4: Kostenanalyse Toyota Corona nach 20 Jahren

Nach 20 Jahren zeigt sich bereits eine erhebliche Veränderung der Kostenstruktur. Die Anteile der Kosten für Arbeit und Ersatzteile sind in etwa gleich auf Kosten des Anteils des Kaufpreises gestiegen. Kaufpreis und Arbeitskosten halten sich in der Waage mit jeweils 34%. Die Kosten pro km sind leicht gestiegen auf 18,1 Rp/km.

Abbildung 5: Kostenanalyse Toyota Corona nach 30 Jahren

Nach 30 Jahren dominieren die Kosten für Arbeit alle anderen Kosten. Mit 48% betragen sie fast die Hälfte der Totalkosten. Der Anteil der Kosten für Ersatzteile ging von 28% nach 20 Jahren sogar leicht zurück auf 25% nach 30 Jahren. Der Anteil des Kaufpreises an den Totalkosten beträgt nur noch 23%. Die Kosten pro km sind stärker gestiegen auf 24 Rp/km. Hierbei ist zu bedenken, dass der Wagen vom 20. bis zum 30. Nutzungsjahr nur ca. 26.000 km zurückgelegt hat. Es lässt sich nicht bestimmt sagen Inwieweit sich dies auf die Kosten pro km ausgewirkt hat, eine verstärkte Laufleistung würde den Km-Preis jedoch wieder senken.

Anteil der Arbeit an den Totalkosten

Abbildung 6: Veränderung der Kostenanteile über 30 Jahre

Bei der Betrachtung des Arbeitsanteils über den betrachteten Zeitraum lässt sich eine konstante, zum Teil sogar sprunghafte, Zunahme beobachten. Diese Sprünge fallen natürlich zusammen mit den Karosserieüberholungen, die eben sehr facharbeitsintensiv sind. Generell lässt sich sagen: je länger der Wagen genutzt wird desto höher wird der Anteil der Arbeitskosten an den Totalkosten.

Schlussfolgerungen

Es hat sich gezeigt, dass der Preis pro Km von 15,5 über 18,1 auf 24 Rappen/km nach 30 Nutzungsjahren gestiegen ist. Diese Feststellung ist jedoch zu relativieren, da die Kostensteigerung durch die geringe Laufleistung in den letzten 10 Nutzungsjahren beeinflusst wird („nur“ 26.000 km).

Bei üblicher Nutzung wäre der Wagen wahrscheinlich schon nach 9 -10 Jahren verschrottet worden. Nach 30-jähriger Nutzung ergibt sich eine um etwa den Faktor drei gesteigerte Ressourcenproduktivität. Nicht zu vergessen der gesparte Energieaufwand für die Produktion der zwei „Ersatzfahrzeuge“, der natürlich gegen die Aufwendungen für den Unterhalt des bestehenden Fahrzeugs und die damit verbundenen Material- und Energieverbräuche aufgerechnet werden müsste. Tendenziell läßt sich festhalten, dass die Unterhaltung eines Wagens gegenüber dem material- und energieintensiven Herstellungsprozess eines Neuwagens ressourcenschonender ist.

Durch die Aufarbeitung anstelle Neukauf eines Wagens wurde Herstellungsarbeit durch Reparaturarbeit ersetzt. Durch die arbeitsintensive Instandsetzung der Karosserie und der Technik wurde der Wagen jeweils für weitere 10 Jahre „fit“ gemacht. Die entspricht in etwa der Lebensdauer eines normalen Mittelklasse PKW`s. Eine solche Frischzellenkur bedarf qualifizierter (und dezentralisierter) Handarbeit und wirkt sich damit positiv auf die Nachfrage nach Arbeit aus.

4. Toyota Cressida Break Baujahr 1980

Beim zweiten Fahrzeug handelt es sich um einen Personenwagen der Marke Toyota Cressida Break Baujahr 1980 einen Stationwagon mit 1967cm3 mit der Chassis-Nummer 085268557 der im Januar 1980 zum Strassenverkehr zugelassen wurde. Serviceintervalle sind alle 10.000 km, Ölwechsel alle 5.000 km oder nach 6 Monaten vorzunehmen. Das Auto wurde 1998 in fahrtüchtigem Zustand (Schweizer T‹V) nach Nordafrika verkauft.

Nutzung und Unterhalt

Das Fahrzeug hat von Januar 1980 bis August 1997 204.000 km zurückgelegt. Hierbei traten bis auf Bagatellunfälle keine grösseren Pannen auf. Die durchschnittliche Laufleistung betrug 12.000 km /Jahr, was leicht unter dem schweizer Durchschnitt liegt.
Die Servicearbeiten wurden immer den Vorschriften entsprechend durchgeführt, wobei auch hier das Prinzip des vorausblickenden Unterhalts angewendet wurde (Reparatur der Komponenten bei ersten Anzeichen von Schäden, eventuell auswechseln).
Der Karosserieunterhalt beschränkte sich auf eine Hohlraum-Rostschutzbehandlung am Anfang, sowie die Verwendung von Rostumwandler bei Oberflächenrost. An der Karosserie mussten während der gesamten Nutzungsdauer keine grösseren Rostschäden beseitigt werden.

Totalkosten

Die Kosten, die zum Unterhalt des Wagens über 17 Jahre nötig waren, belaufen sich auf 44.434 SFR. Nicht betrachtet wurden Verzinsung des Kapitals, Benzin, Steuern und Versicherung. Ebenfalls ausgenommen sind Reparaturkosten nach Unfällen (mehrere Bagatellunfälle deren Kosten von den Versicherungen übernommen worden sind).

Kaufpreis: 18 000 SFR
Ersatzteile: 11 180 SFR
Arbeit: 13 462 SFR
Öl und Kleinteile: 1 792 SFR

Totalkosten: 44 434 SFR

Tabelle 2: Totalkosten Toyota Cressida

Anschaffungs- und Unterhaltskosten pro Nutzungsjahr

Abbildung 7: Anschaffungs- und Unterhaltskosten pro Nutzungsjahr

Auch bei diesem Fahrzeug variiert die Höhe der jährlichen Unterhaltskosten recht stark. Die Durchschnittskosten fallen bis auf gewisse Ausnahmen im 5., 7. und 13. Jahr ständig. Im 14. und 16. Jahr gab es relativ hohe Ausgaben für Ersatzteile.

Veränderung der Kosten

Abbildung 8: Aufsummierung der Kosten des Toyota Cressida über 17 Jahre

‹ber die gesamte Nutzungsdauer lässt sich ein relativ konstanter Anstieg der Arbeits- und Ersatzteilkosten beobachten, wobei die ersteren leicht dominieren. Die Kosten für Öl und Kleinteile bleiben konstant. Die Abschreibungskostenkurve wird auch nach 17 Jahren noch nicht erreicht, zu auffälligen Kostensprüngen kommt es nicht.

Analyse der Kostenstruktur nach 10 und 17 Jahren

Abbildung 9: Kostenanalyse Toyota Cressida nach 10 Jahren

Nach 10 Nutzungsjahren ist auch bei diesem Fahrzeug der Kaufpreis mit 57% der Totalkosten noch dominierend. Die Kosten für Arbeit und Ersatzteile sind mit 23 bzw. 16% etwas über den Werten des Corona. Kosten pro gefahrenen Kilometer nach 10 Nutzungsjahren: 23,5 Rp/km.

Abbildung 10: Kostenanalyse Toyota Cressida nach 17 Jahren

Nach 17 Nutzungsjahren, am Ende der Nutzungsdauer, haben Arbeits- und Ersatzteilkosten auf 30 bzw. 25% zugenommen. Der Kaufpreis beträgt immer noch 41% also etwas weniger als die Hälfte der Totalkosten. Interessant ist jedoch, dass sich bei einer durchschnittlichen Laufleistung von 12.000 km im Jahr ein niedrigerer Preis pro km, nämlich 21,7 Rp/km, einstellt.

Anteil der Arbeit an den Totalkosten

Abbildung 11: Veränderung der Kostenanteile über 17 Jahre

Hier bestätigt sich das Ergebnis des Toyota Corona. Die Kosten für Arbeit als auch für Ersatzteile nehmen mit der Nutzungsdauer stetig zu.

Schlussfolgerungen

Das Beispiel des Toyota Cressida hat gezeigt, dass sowohl die Kosten pro km als auch die Durchschnittskosten nicht, wie häufig erwartet zu sondern abnehmen. Dieses Ergebnis gilt bei gleichzeitig zunehmenden Ausgaben für Arbeit und Ersatzteile. Langfristiges Unterhalten scheint sich also auch wirtschaftlich auszuzahlen.

Vom Standpunkt der Ressourcenproduktivität ist ein solch langer Unterhalt uneingeschränkt zu befürworten. Es gilt dasselbe wie beim Toyota Corona gesagte, in diesem Fall ist hingegen „nur“ ein Fahrzeug gespart worden. Damit wäre der Unterhaltungsaufwand gegen die Herstellung eines Neuwagens (angenommene Nutzungsdauer 9-10 Jahre) aufzuwiegen. Die Ressourcenproduktivität dürfte sich in diesem Fall etwa verdoppelt haben.

Auch dieses Beispiel zeigt, dass mit zunehmender Nutzungsdauer die Kosten für Reparaturarbeit ständig wachsen. Dies geschieht bei gleichzeitig sinkenden Kosten pro Km. Hierbei ist noch zu berücksichtigen, dass der Wagen noch nicht die „20 Jahresgrenze“ überschritten hat, von der ab mit einer weiteren Nachfragesteigerung nach Reparaturarbeit aufgrund zunehmender Karosseriereparatur zu rechnen ist, wie das Beispiel des Toyota Corona gezeigt hat.

5. Saurer Lastkraftwagen Baujahr 1980

Beim dritten Fahrzeug handelt es sich um einen Lastkraftwagen der Marke Saurer Typ D290F Baujahr 1980, einen Sattelschlepper mit der Chassis-Nummer 209.991, der Anfang Januar 1980 zum Strassenverkehr zugelassen wurde [2].

Nutzung und Unterhalt

Das Fahrzeug hat von Januar 1980 bis August 1997 1,6 Millionen km zurückgelegt. Die durchschnittliche Laufleistung betrug 94.000 km/Jahr. Der Besitzer ist Selbstfahrer und führt mit dem Fahrzeug Lebensmitteltransporte von der Schweiz nach Italien, Frankreich und Deutschland aus. Der Lastwagen ist nie stehengeblieben, und wurde auch nie in eine Unfall verwickelt.

Die Servicearbeiten wurden immer den Vorschriften entsprechend durchgeführt, wobei auch hier das Prinzip des vorausblickenden Unterhalts angewendet wurde (Reparatur der Komponenten bei ersten Anzeichen von Schäden, eventuell auswechseln). Der Besitzer hat einen erheblichen Teil der Servicearbeiten selbst ausgeführt, wie zum Beispiel Ölwechsel oder Reifenwechsel. Seine von 1980 bis 1996 geleisteten 412 Arbeitsstunden wurden in der Berechnung mit 80 SFR entsprechend einer Meisterstunde berücksichtigt. Folgende grössere Reparaturen sind bis jetzt durchgeführt worden:
- Austauschmotor 1985 und 1992 (jeweils 19.000 SFR)
- neuer Batteriesatz 1988 und 1996
- alle 100 000 km neue Reifen

Der Karosserieunterhalt beschränkte sich auf eine Hohlraum-Rostschutzbehandlung am Anfang, sowie auf eine periodische Reinigung des Fahrzeugs.

Totalkosten

Im Folgenden werden alle Kosten, die zum Unterhalt des Wagens über die 17 Jahre nötig waren, betrachtet. Nicht betrachtet werden Verzinsung des Kapitals, Benzin, Steuern und Versicherung.


Kaufpreis: 132 880 SFR
Ersatzteile: 116 261 SFR
Arbeit: 82 701 SFR
Öl und Kleinteile: 12 860 SFR

Totalkosten: 344 702 SFR

Tabelle 3: Totalkosten Saurer

Anschaffungs- und Unterhaltskosten pro Nutzungsjahr

Abbildung 12: Anschaffungs- und Unterhaltskosten pro Nutzungsjahr
Die Durchschnittskosten fallen auch in diesem Beispiel gegen Ende der betrachteten Nutzungsdauer. Auffällig sind die beiden Kostenblöcke im 6. und 13. Nutzungsjahr. Grund hierfür sind die jeweils 19.000 SFR teuren Austauschmotoren. Ansonsten halten sich die aufgewendeten Beträge für Arbeit und Ersatzteile in etwa konstant. Auch hier gilt: auf „teure“ Jahre folgen „billige“.

Veränderung der Kosten

Abbildung13: Aufsummierung der Kosten des Saurer über 17 Jahre

Bei der Summierung der Teilbeträge verlaufen die Arbeits- und Ersatzteilkosten etwa bis zum 6. Nutzungsjahr gleichförmig. Vom 7. Nutzungsjahr ab steigen die Kosten für Ersatzteile etwas stärker als für Arbeit, bis zum Einbau des 2. Austauschmotors im 13. Jahr, was noch einmal einen Sprung in den Kurven ausmacht. Leider kommt es auch bei diesem Wagen nicht zum interessanten Schnitt mit der „Abschreibungskurve“, von wo ab mit einem verstärkten Anstieg der Kosten für Arbeit zu rechnen wäre. Die Kosten für Öl bleiben über die Jahre konstant.

Analyse der Kostenstruktur nach 10 und 17 Jahren

Abbildung 14: Kostenanalyse Saurer nach 10 Jahren

Nach 10 Nutzungsjahren dominiert noch immer der Kaufpreis mit 52% die Totalkosten. Die Ersatzteilkosten überwiegen die Kosten für Arbeit mit 26 über 19% und es ergibt sich ein Km-Preis von 26,7 Rp/km.

Abbildung 15: Kostenanalyse Saurer nach 17 Jahren

Nach 17 Nutzungsjahren teilen sich die drei Anteile Kaufpreis, Ersatzteile und Arbeit in etwa gleich auf. Hierbei fällt der gegenüber den anderen Fahrzeugen recht hohe Anteil der Ersatzteilkosten auf (34%). Aber auch der Anteil der Arbeit hat um 5% von 19 auf 24% zugenommen. Um so beachtenswerter ist, dass der Km-Preis nach 17 Nutzungsjahren auf 22,2 Rp/km gefallen ist.

Anteil der Arbeit an den Totalkosten

Abbildung 16: Veränderung der Kostenanteile über 17 Jahre

Deutlich sichtbar nimmt der Anteil der Kosten für Reparaturarbeit über die gesamte Nutzungsdauer zu.

Schlussfolgerung

Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen, ist eine Nutzungsdauerverlängerung auch hier lohnend gewesen. Mag zunächst der Betrag für einen Austauschmotor (19.000 SFR) recht hoch erscheinen, zeigt sich jedoch bei einer Betrachtung der Kosten über die gesamte Nutzungsdauer, dass sich die hierdurch ermöglichte, längere Nutzung in niedrigeren Kosten pro Kilometer widerspiegelt.

Unter „normalen“ Umständen wäre das Fahrzeug schon nach 9-10 Jahren verschrottet worden. Durch die verlängerte Nutzungsdauer von 17 Jahren wird die Ressourcenproduktivität nahezu verdoppelt. Nicht zu vergessen der gesparte Material- und Energieaufwand für die Produktion des „Ersatzfahrzeugs“, der natürlich gegen die Aufwendungen für den Unterhalt des bestehenden Fahrzeugs und die damit verbundenen Verbräuche aufgerechnet werden muss. Es wurde bereits erwähnt, dass der Unterhalt eines Wagens gegenüber dem material- und energieintensiven Herstellungsprozess eines Neuwagens im Vorteil ist.

Das Beispiel des Saurers zeigt einmal mehr, wie die Nachfrage nach qualifizierter Reparaturarbeit (Motorüberholung) mit längerer Nutzungsdauer steigt. Hier wird jedoch auch die Rolle des Nutzers bei der Pflege und Unterhaltung von Fahrzeugen deutlich (412 h Eigenleistung). Dieses Beispiel unterstreicht daher um so mehr, wie wichtig der Aspekt des „caring“ bei einer Verlängerung der Lebensdauer von Fahrzeugen ist.

6. Verlängerung der Nutzungsdauer zahlt sich dreifach aus

Wirtschaftlichkeit bei längerer Nutzung

Die beiden Beispiele des Saurer und Toyota Cressida haben gezeigt, dass sich die möglichst lange Nutzung der Fahrzeuge wirtschaftlich lohnt, da in diesen Fällen der Kilometerpreis, und damit die Kosten für die Bereitstellung der Dienstleistung „Transport“ über einen langen Zeitraum, rückläufig sind. Dies zeigt, dass es sinnvoll ist, Fahrzeuge länger zu nutzen, als es heute üblich ist (17 gegenüber 9-10 Jahre). Langfristiges Denken zahlt sich also auch wirtschaftlich aus.

Ressourcenproduktivität bei längerer Nutzung

Wenn man bedenkt, dass alle drei Fahrzeuge über die betrachtete Zeitspanne (17Jahre) die Dienstleistung „Transport“ zuverlässig erfüllen konnten und unter „normalen“ Bedingungen (übliche Lebensdauer 9-10 Jahre) mindestes zwei Fahrzeuge benötigt worden wären, ist die Ressourcenproduktivität um etwa das doppelte gestiegen. Im Falle des Toyota Corona bleibt abzuwarten wie sich dessen Produktivität in den nächsten Jahren noch weiter steigern wird.

Soziale Aspekte einer längeren Nutzung

Die Lebenskosten-Analysen der drei Autos haben gezeigt, dass mit zunehmender Nutzungsdauer die Ausgaben für Reparaturarbeit steigen. Dies stützt die These „Nutzungsdauerverlängerungen führen zu einer Nachfragesteigerung nach qualifizierter Arbeit (Reparatur und Unterhaltung)“. Hierbei dominieren handarbeitsintensive und lokal vorzuhaltende Arbeitsplätze im Gegensatz zu einer Strategie des schnellen Ersatzkaufes, die eine Neuherstellung von Fahrzeugen in „Billiglohnländern“ fördert.
Da die beiden Fahrzeuge Saurer und Cressida „erst“ 17 Jahre in Dienst standen, fällt hier die Nachfrage nach Arbeit etwas schwächer als beim Corona aus (sprunghafter Anstieg der Arbeitskosten nach 20 Jahren). Eine Untersuchung weiterer 30 jähriger Fahrzeuge wäre hier notig, um die bisherigen Ergebnisse besser stützen zu können.
Insgesamt hat die Arbeit gezeigt, dass die drei Zielfelder der Nachhaltigkeit (Ökonomie, Ökologie und soziales ) durch die Nutzungsdauerverlängerung positiv beeinflusst werden. Leider erreichen heute nur wenige Fahrzeuge ein Alter von 17 oder gar 30 Jahren um sowohl von den sinkenden Kosten pro Kilometer zu profitieren als auch die höhere Ressourcenproduktivität und die positiven Auswirkungen auf die Reparaturarbeitsnachfrage wirksam werden zu lassen.

7. Literatur

[1] Die Daten und Fakten zu diesem Fahrzeug wurden entnommen aus: Stahel, Walter: Arbeit über die Erhaltung industrieller Kulturgüter. Nationales Forschungsprogramm NFP 16, Genf 1987

[2] Die Daten und Fakten zu diesem Fahrzeug stammen aus: Bierter, W.: Unterhalt lohnt sich, in: transNews 2/98 S. 34-35
Diese Studie wurde im Frühjahr 2001 im Müllmagazin (Berlin) veröffentlicht.